Die Geschichte in 5 Minuten

20 JAHRE SCHWERPUNKT SPORT - MÄRZ 2001 – März 2021

„Seit dem Schuljahr 2001/2002 wurden an der HOB/WFO Bozen Klassen mit Leistungssportler/-innen gebildet, um den Schüler/-innen und die Vereinbarkeit von schulischer Ausbildung und Leistungssport zu ermöglichen. Dabei sollte die schulische Ausbildung immer Vorrang haben. Das Konzept für den Schwerpunkt „Sport“ wurde ständig weiterentwickelt und den Bedürfnissen der Sportlerinnen und Sportler – aufgrund der gemachten Erfahrungen - angepasst“.

Historie: Geschichte und Grundidee des schulinternen Schwerpunkts „Sport“ an der Ex Handelsoberschule, heute Wirtschaftsfachoberschule Bozen „Heinrich Kunter“

2001

Ein Treffen des Direktors der Schule Gottlieb Pomella mit dem FC Südtirol lässt die Idee, „Kicken statt Sitzen“ aufkommen. Bald gibt es Gespräche zwischen Direktor, Trainern, Sportlehrern und sportbegeisterten Lehrern der Schule. Der Sport soll ab nun in der Schule potenziert und die Turnstunden von 2 auf 5 erhöht werden.

Die Hauptarbeit für die Projektbeschreibung leisten die beiden Sportprofessoren Edith Pigneter und Rudi Mair. Ziel ist es, nicht nur die Sportart Fußball anzusprechen, sondern auch andere Sportarten. Am 8. März 2001 wird das Konzept mit den Zielen, Lerninhalten und Stundentafeln dem Lehrerkollegium vorgestellt. Die gesamte Fachgruppe „Leibeserziehung“ arbeitet einen neuen Lehrplan für die Sportklassen aus.

Das Lehrerkollegium und der Schulrat der Handelsoberschule „Heinrich Kunter“ beschließen am 15. März 2001 mit großer Mehrheit die Errichtung einer Sektion „Sport“ innerhalb der Fachrichtung „Betriebswirtschaft“. Somit ist die Tür aufgestoßen. Die Schule startet mit drei ersten Klassen und einer dritten Klasse. Die neue Fachrichtung geht mit dem Schuljahr 2001/2002 in Betrieb.

Nach 10 Jahren kontinuierlichen Rückgangs der Schülerzahlen an der HOB werden erstmals mit Einführung der Sportrichtung wieder Zuwächse verzeichnet. Auch die Lehrer/innen freuen sich über den Stellenerhalt. Für die Sportlehre/-innen erfüllt die Sportpotenzierung einen beruflichen Traum.

Die Besonderheit dieser Sportrichtung sind die 5 Wochenstunden Sport pro Klassenstufe, davon sind 4 Praxisstunden und eine Theoriestunde. Diese 5 Stunden gehen auf Kosten anderer Fächer, die im Verhältnis – auf alle Oberschuljahre verteilt - reduziert werden. In den nun 5 Stunden kann das Fach Leibeserziehung ein vielseitiges Sportprogramm bieten und den Sportlern zusätzlich sporttheoretisches Grundlagenwissen vermitteln. Ziel ist es nicht nur leistungsstarke Sportler/innen, sondern auch einsatzfreudige, motivierte und vor allem flexible Sportler/innen heranzubilden. Auch wird die Vermittlung von grundlegenden Kenntnissen und Einsichten in Bewegung, Spiel und Sport als gefestigte Basis für einen eventuellen späteren beruflichen Einstieg in die Sportwelt angestrebt. Die Zusammenarbeit mit den Vereinen ist ein weiteres hohes Ziel.

Die Sportklasse ist für Sportler/innen verschiedener Disziplinen offen, sowie Schüler/innen, die gerne Sport betreiben. Für die Aufnahme in die Fachrichtung Sport sind folgende Voraussetzungen zu erfüllen:

1. Positive Absolvierung der motorischen Eignungsprüfung, bestehend aus sechs sportmotorischen Tests (Hindernislauf in der Turnhalle, Stangenklettern, Basketball-dribbling-Test, 5-Sprung, 100m Sprintlauf, Cooper-Test)

2. Sportärztliche Bescheinigung für die wettkämpferische Sporttätigkeit

3. Nachweis einer kontinuierlichen sportlichen Wettkampftätigkeit auf Landesebene für mindestens einem Jahr.

Die Sportler/innen müssen bei den Tests Limits und Sublimits, angelehnt an die Aufnahmeprüfung der Sport-Universität Innsbruck, erreichen. Nach einem aufregenden Informationsnachmittag mit Übungsmöglichkeiten, folgt ein noch aufregender Prüfungstermin im Mai. Ganze Familien fiebern mit.

In den folgenden Jahren werden Limits und Sublimits verändert, teils aufgeweicht und 2008 in Punkte umgewandelt, um eine Reihung nach dem Prinzip der Besten zu erreichen. Grundsätzlich wird eine erste Klasse pro Schuljahr angestrebt.

In dieser Zeit werden die Buben nur von männlichen und die Mädchen nur von weiblichen Sportlehrern unterrichtet. Das geschlechtergetrennte Unterrichten führt dazu, dass Leibeserziehungslehrerinnen und Leibeserziehungslehrer die Mädchen, bzw. die Buben zweier Parallel-Klassen übernehmen.

Ab dem Schuljahr 2003/04 wird der koedukative Sportunterricht auch für die Sportklassen eingeführt, der zwar die organisatorischen Belange erleichtert, jedoch im Unterricht viele neue Schwierigkeiten aufwirft. Es ist zudem nicht immer leicht, den Neigungen der Schüler/innen gerecht zu werden. Die Sportlehrer/innen müssen ihren Unterricht - trotz langjähriger Unterrichtserfahrung - grundsätzlich neu anpassen.

Als Grundlage für den Theorieunterricht sind insgesamt drei Schulbücher vorgesehen:

Das österreichische Schulbuch „Know How in Sportkunde 1“ wird für die ersten beiden Oberschuljahre und „Know How in Sportkunde 2“ für die dritte, vierte und fünfte Klasse eingeführt. Das Fachbuch „Sportanatomie und Bewegungslehre“ wird für alle Klassen angekauft. Die Vorbereitung auf den Theorieunterricht ist für die Lehrer- /innen ungewohnt und muss neu erarbeitet werden. Regelmäßig werden die Theoriekenntnisse der Schülerinnen und Schüler per schriftliche Tests überprüft. Diese fundierten sporttheoretischen Kenntnisse müssen die Fünftklässler auch bei der Maturaprüfung – im Rahmen der 3. schriftlichen Prüfung des Fächerbündels und bei der mündlichen Prüfung - unter Beweis stellen.

Die Bedeutung des Faches Leibeserziehung wird maßgeblich gesteigert und die Rolle der Sportlehrer/innen erfährt eine Aufwertung. Unter anderem nehmen sie auch die Funktion des Klassenvorstandes ein.

Damit die Schüler/innen an Unterrichtsnachmittagen ihr Vereinstraining absolvieren können, werden mit den Vereinen Konventionen vereinbart und mit den Schüler/innen eine „Hol-und Bringschuld“ eingefordert. Die Kontakte mit den verschiedenen Vereinen liegen im Aufgabenbereich der Leibeserziehungslehrer/innen.

Durch diese Sportpotenzierung wird die Handelsoberschule ein gefürchteter Gegner bei allen schulsportlichen Wettkämpfen auf Landesebene. Die HOB fasst viele Sporttalente zusammen, die im Schulsport, insbesondere in den Mannschaftssportarten, viele Erfolge feiern können:

Die Handelsoberschule holt 2002 erstmals den Italienmeistertitel im Großfeld-Fußball. Die Reise zur Schüler-Weltmeisterschaft nach China 2003 wird durch den Ausbruch der Vogelgrippe H5N1 vereitelt.

Die Handball-Mädchen gewinnen die Italienmeisterschaft und fahren zur WM nach Ungarn, die Burschen zur Handball-WM nach Dänemark.

Im selben Jahr 2008 beteiligen sich die Burschen an der Querfeldeinlauf-WM in Tschechien.

Die Orientierungsläufer nehmen einige Male an den Italienmeisterschaften teil. Die Teilnahme an der WM krönt Jonas Rass mit einem 3. Rang in der Einzelwertung.

Trotz aller sportlicher Erfolge verblasst der Glanz der Sportrichtung ein wenig: Viele Sportler haben die Fachrichtung nur gewählt, um weniger Unterricht zu haben, sie bringen teils schlechte schulische Leistungen, und die Einstellung zur Schule lässt zu wünschen übrig. Auch können und wollen viele Schüler - aufgrund ihres Trainings, ihrer Wettkämpfe und aufgrund von Sportverletzungen - das vielseitige Praxisangebot nicht nützen. Die Klassen sind oft unruhig und nicht selten kommt es zu Disziplinproblemen. Die „Sportklassen“ verlieren nicht nur bei den Lehrerinnen und Lehrern an Beliebtheit.

Die ersten 11 Maturanten und Maturantinnen absolvieren im Sommer 2004 ihre Abschlussprüfung.

Die kleinste Maturaklasse mit nur 9 Schülerinnen und Schülern schließt 2010 ab.

Im Jahr 2008 gibt es auch einen Wechsel an der Schulführung: Barbara Pobitzer ist die neue Schulführungskraft der HOB Bozen.

Nach der Zeit der „Sportpotenzierung“ und dem ständigen Versuch der „Profilierung der Sportrichtung“ beginnt die Zeit des Entgegenkommens der Schule durch die Möglichkeit der Auslagerung.


2011

Die Oberschulreform auf Landesebene - Gliederung der Gymnasien und Fachoberschulen, in Anlehnung an die staatliche Oberschulreform - macht eine Änderung notwendig: Am 2. Februar 2011 führt der Schulrat, auf Vorschlag des Lehrerkollegiums vom 13. Jänner 2011, den heutigen Schwerpunkt „Verwaltung, Finanzwesen und Marketing für Sportler/-innen“ ein. Die HOB Bozen bekommt einen neuen Namen: Wirtschaftsfachoberschule WFO „H. Kunter“ Bozen.

Auch die Benennung des Faches Leibeserziehung wird zu Bewegung und Sport (BuS) umbenannt.

Eine Koordinatorenstelle als Verbindung zu den Vereinen wird geschaffen. Alfred Fischnaller, Lehrer für die Fächer Rechtskunde und Volkswirtschaft, wird zum Koordinator für die Sportklassen bestellt.

Die Sportrichtung wird grundlegend geändert: Es sollen nur mehr Leistungssportler/innen unter strengen Aufnahmekriterien aufgenommen werden. Die Schüler/innen haben die Möglichkeit der Auslagerung der Sportstunden. Der Sport findet vor allem außerhalb der Schule im Verein statt.

Da die ansuchenden Schüler/innen als aktive Sportler/innen sportmotorisch sehr gute Fähigkeiten aufweisen, werden 2011 die Aufnahmekriterien verändert. Ab nun sind das sportliche Curriculum mit Angaben zum Verein, zur sportlichen Trainingsbelastung (Trainingszeiten und Trainingsumfang) und zu den sportlichen Ergebnissen und Erfolgen, ein persönliches Motivationsschreiben und ein gültiges sportärztliches Zeugnis gefragt.

Eine Sportkommission wird eingerichtet, die darüber befinden muss, welche Leistungssportler/innen in die Sportklassen aufgenommen werden können. Diese Kommission besteht aus der Schulführungskraft (Barbara Pobitzer), einem Vertreter des Schulamtes, (Edi von Grebner), einem Vertreter der Vereine (Dietmar Pfeifer des FCS), dem Koordinator der Sportklassen (Alfred Fischnaller), und der langjährigen Sportlehrerin Birgit Brenn.

Kompromisse seitens der Fachgruppe BuS werden zum Vorteil der Sportschüler/innen eingegangen. Von den ursprünglichen 5 Sportstunden bleiben 3 übrig: Eine Doppelstunde Bewegung und Sport und eine FüL-Stunde, Fächerübergreifendes Lernen. Im Biennium wird BuS mit Biologie, in der 3. Klasse BuS mit der ECDL Vorbereitung, in der 4. Klasse BuS mit dem Fach Italienisch und in der 5. Klasse BuS mit den Fächern Rechtskunde und Volkswirtschaft verknüpft. In diesen fächerübergreifenden Stunden werden sportrelevante Themen behandelt, wobei zwei Lehrpersonen den Unterricht gestalten. Dies bleibt bis 2020 aktuell.

Gibt es 2011 bis 2015 die Möglichkeit Sportstunden auszulagern, so gibt es ab 2015 die Möglichkeit, das neue Bildungsgesetz mit der Freistellung für den Sport im Verein (LG Nr. 1 vom 26.01.2015 und Beschluss der LR Nr. 721 vom 06.06.2015) anzuwenden. Die sportliche Tätigkeit wird als Bildungsangebot anerkannt. Damit übernehmen akkreditierte Vereine (anerkannte Bildungsträger) einen Teil der Bildungstätigkeit. Zudem können Schüler/innen eine zusätzliche Auslagerung vom Unterricht mit einer Vereinbarung zwischen Verein und der Schule beantragen.

Das Biennium hat somit nur noch am Montag Nachmittagsunterricht, am Donnerstag sind sie freigestellt. Die Schüler/innen des Trienniums verlassen am Donnerstagnachmittag nach der 7. Stunde die Schule, um ihr Training zu absolvieren.

Dem Klassenrat obliegt ganz besonders die Aufgabe, die Leistungssportlerinnen und Sportler nach Möglichkeit zu unterstützen, damit sie in ihrem Tun bestärkt werden und neben ihrem Sport auch die schulische Laufbahn bewältigen können. Trotz allem müssen die Sportlerinnen und Sportler mit Fleiß lernen und ihre Prüfungen gut planen, um das Lernziel zu erreichen.

Die Sportklassen erleiden 2016 eine schwere Krise, da Disziplin und Leistung der Schüler/innen nicht entsprechen. Die Gesamtsituation zwischen Lehrer/innen und Schüler/innen wird beschwerlich und Missverständnisse machen die Situation nicht leichter. Nach hart diskutierten Sitzungen entscheidet man trotzdem, die Klassen weiterzuführen.

Seit 2017 besteht die Sportkommission nur mehr aus 4 Mitgliedern.

2017 übernimmt Birgit Brenn die Koordinatorentätigkeit.

Die Zusammenarbeit mit dem Sekretariat wird immer wichtiger. Hat bis 2014 Irene Geier alle Ansuchen und Formulare kontrolliert und gesammelt, Briefe und Informationen verschickt und Tabellen erstellt, übernimmt kurzfristig Helga Gamper einen Teil dieser mühevollen Arbeit. Mit viel Einsatz kümmert sich seit 2014/15 Ingrid Trompedeller um die Sportklässler. Gemeinsam mit der Koordinatorin und der neuen Schulführungskraft Ralf Stefan Troger werden 2020 die Ansuchen und Formulare neu geschrieben, Termine zusammengelegt und vereinfacht und vor allem die Homepage transparent gestaltet.

Der Sportstatus der Schüler/innen wird ständig überprüft und ajouriert, dabei gelten klare Richtlinien für die Aufnahme in die Sportklassen; unter anderem dürfen Repetenten des Bienniums nicht mehr die Sportklasse besuchen und können aber einen anderen Zug in der Schule wählen.

2019 verlässt uns die Direktorin und die neue Schulführungskraft Ralf Stefan Troger übernimmt die sehr komplexe Schule.

2020

Die Neuverteilung der Unterrichtszeit, verbunden mit einer Abänderung der Stundentafel und einer Neuorganisation der fächerübergreifenden Lernangebote FüL - vom Lehrerkollegium am 27. März 2020 und vom Schulrat am 14. Mai 2020 beschlossen - bietet ein neues Bild:

Die 1. Klasse hat zwei BuS-Stunden und keinen Nachmittagsunterricht am Donnerstag, die 2. Klasse eine BuS-Stunde, 68 Stunden Befreiung vom Pflichtunterricht und keinen Nachmittagsunterricht am Donnerstag, die 3.,4. und 5. Klasse eine BuS Stunde und 34 Stunden Befreiung vom Pflichtunterricht. Der Montagnachmittag Unterricht bleibt bestehen.

Mit dem neuen Direktor werden das Gesamtkonzept und die Grundidee des Schwerpunkts Sport an der WFO Bozen neu ausgearbeitet. Diese Neuerungen sind seit dem Schuljahr 2020/21 gültig. Die Homepage der Schule wird ausgebaut und noch transparenter gestaltet. Der Schwerpunkt Sport bekommt ein übersichtliches Gesamtkonzept, alle Ansuchen und Informationen werden online zugänglich.

Um den Schüler/innen die Vereinbarkeit von schulischer Ausbildung und Leistungssport zu ermöglichen, bietet die Schule im Schwerpunkt „Sport“ nun ein Unterstützungssystem, bestehend aus organisatorischen Rahmenbedingungen, der Anerkennung von Bildungsangeboten und der teilweisen Befreiung von der Pflichtunterrichtszeit, Stundenplananpassungen, der Differenzierung des Unterrichts, der Vereinbarung persönlicher Lernpläne sowie verschiedenen Formen von digitalem Unterricht an.

In den aktuellen fünf Sportklassen betreiben 103 Leistungssportlerinnen und Leistungssportler 20 verschiedenen Sportdisziplinen, die Schule pflegt mit 44 verschiedenen akkreditierten Vereinen Kontakt. In diesen sehr großen SP Klassen befinden sich fast ausnahmslos Leistungssportler/innen, die bis zur Maturaklasse ihren Sport ausüben. Sie zeichnen sich durch großen Ehrgeiz und Leistungsfähigkeit aus.

Wie schon in der Vergangenheit wird bei verschiedenen Sitzungen an der Profilierung der Sport-Klassen gefeilt. Ganz aktuell wird über das Ergebnis der gemeinsamen Klassenratsitzung der Sportklassen in der Arbeitsgruppe für Schulentwicklung diskutiert und über ein Online Forum nachgedacht, das den Diskussionsprozess der ständigen Weiterentwicklung und Verbesserung sichtbar zu machen wird.

Trotz der anfänglichen Schwierigkeiten haben wir es geschafft, dass unsere SPORT- Richtung 20 Jahre alt geworden ist!



Birgit Brenn und Edith Pigneter

05.03.2021